21. Oktober 2016, 20.00 Uhr
Hofmannplatz 2, Lana

Wie eine junge Frau aus Kiew auszog, in Moskau ihr Glück zu suchen. Julia Kissina liest aus dem Roman voll irrer, wunderbarer, aberwitziger und kluger Geschichten aus den wilden 80er Jahre in Moskau. Eine éducation sentimentale in grellen, bösen Farben – episodenreich und voller Übermut erzählt.

Von Sehnsucht nach dem freien Künstlerdasein gepackt, folgt die junge Elephantina ihrem Idol in die Katakomben Moskaus. Der rotgesichtige Dichterguru Pomidor, ein Mann in den besten Jahren, prominenter Kopf der Avantgarde, hat sie die »neue Achmatowa« genannt. Vergessen das provinzielle Kiew, die öde Kunstschule. Durch Bahnhöfe, Theatergarderoben und Museen von einer Schlafstatt zur nächsten irrend, findet die nonnenhaft gekleidete Nomadin eine Wohnung, die sie schon bald in eine Künstlerkolonie verwandelt. Dichterabende in überfüllten Studentenklubs mit Spitzeln in den hinteren Reihen, verbotene Kunstaktionen in Moskau und Umgebung, die Begegnung mit Allen Ginsberg, eine Vorladung beim KGB – doch all das ist nur die Kulisse, vor der Elephantina sich nach Pomidor verzehrt.

EINE WUNDERSAME EPIDEMIE

Moskau wurde von einer wundersamen Epidemie befallen. Sogar die Bäume weigerten sich, ihre Blätter abzuwerfen, und blieben auch im Winter grün. Die alten Leute trieben Knospen. Unter der Erde schnurrte das Marihuana und wollte hervorsprießen. Die Hormone erblühten, von Neugier und Begierde angeregt. Und die Grabskulpturen auf dem Neujungfrauen-Friedhof, dem Wagankower und anderen Friedhöfen besuchten Rock-Konzerte!

GINSBERG IN MOSKAU

Eines Abends, als die ganze Stadt von Fusseln aus dem Fell gefallener Engel bedeckt war, klingelte das Telefon. »Hör mal, Allen Ginsberg ist in Moskau! Wir wollen einen trinken gehen. Das gibt einen Riesenzirkus. Kommst du mit?« Ich fragte lieber nicht, wer das war – mein jämmerliches Glück lächelte mir entgegen. Ich wusste, dass das Wort »Trinken« in der russischen Sprache ein gutes Drittel aller Verben und eine Batterie von Begriffen ersetzen kann. Aber in diesem Moment wäre ich bereit gewesen, ein ganzes Meer auszutrinken, so freute ich mich. Natürlich hatte das gar nichts zu bedeuten. Trotzdem, ich wünschte mir so sehr, dass die gute Seele, der armselige Bräutigam, eines Tages zu mir sagte: »Ich liebe dich, du heilige Leberwurst, und ich werde dir jeden Abend Märchen von Räubern und Prinzessinnen erzählen!«

DIE SOZIALISTISCHE DEFLORATION

Da öffnete sie ein Fenster, lehnte sich hinaus und brüllte über den ganzen Hof: »Es lebe die große sozialistische Defloration! Hurra!« Wir hätten fast gekotzt. »Es lebe die große sozialistische Defloration!«, schrie sie noch einmal. Wir zerrten sie zurück ins Zimmer und begannen ein Verhör. Lawrik nahm nicht daran teil, er hatte sich in ein Buch verkrochen. »Es ist überhaupt nicht schlimm, es ist sogar sehr interessant. Eine Art wissenschaftliches Experiment.

» … eine eindrucksvolle, unabhängige Frauengestalt … Kenner werden das Buch als Schlüsselroman lesen.« Alexander Cammann, Die Zeit

»Absurde, wunderbar überdrehte, komische Episoden.« ZEIT ONLINE

 

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