Als Herta Müller vor 10 Jahren den gerade erschienenen Roman „Atemschaukel“ in Lana zum ersten Mal vorstellte, kommt dabei derselbe „Phantomschmerz des Erinnerns“ zum Ausdruck wie in den Büchern zuvor und wie in dem jüngsten Collagenwerk. Über beides spricht die Autorin am Ebend der Eröffnung in Lana
20.00 Uhr
Herta Müller: „Im Heimweh ist ein blauer Saal“ (Hanser Verlag 2019)
Gespräch mit Ernest Wichner
Im September 2009 hatte Herta Müller zur Eröffnung der Literaturtage Lana den Roman „Atemschaukel“ vorgestellt, in dem sie das Deportationsschicksal des Dichters Oskar Pastior in der Sowjetunion verarbeitet. Einen Monat später wurde ihr dafür der Literaturnobelpreis verliehen. 10 Jahre danach kehrt Herta Müller nach Lana zurück und erinnert in einem Gespräch mit Ernest Wichner an die Begegnung mit Oskar Pastior 2002 in Lana, als in einem späten Gespräch die Erzählung der Erinnerung an das sowjetische Lager ihren Anfang nahm. Ein Teil der Ausstellung „Aubergine mit Scheibenwischer“, kuratiert von Heidede Becker und Lutz Dittrich, zeigt die außergewöhnlichen Zeichengebilde Pastiors und wie sie mit seinen Wortgebilden verbunden sind.
Herta Müllers berühmte Collagen sind beides zugleich: Kunstwerk und Gedicht, Sprache und Bild, Spiel und poetischer Ernst.
„Kurz nachdem ich aus Rumänien kam, war ich viel unterwegs. Ich wollte mich bei Freunden melden“, schreibt Herta Müller. „Aber die Ansichtskarten hatten so gräßlich mißratene Farben. Eines Tages kaufte ich weiße Karteikarten, einen Klebestift und fing an, im Zug mit der Nagelschere aus der Zeitung ein Schwarzweiß-Bild und Wörter auszuschneiden.“
Fortan dichtet sie mit Schere und Papier. Herta Müllers berühmte Collagen sind beides zugleich: Kunstwerk und Gedicht, Spiel und poetischer Ernst. Und unversehens taucht im geklebten Gedicht das auf, worum es eigentlich geht: die Wirklichkeit – denn „vielleicht haben auch Wörter ein schimmerndes Gemüt und betreiben Amtsmissbrauch…“
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