„Um etwas Neues anzufangen, fehlte mir das Interesse. Um mit mir etwas anzufangen, die Lust.“
In nonchalanter Trägheit stromert die Erzählfigur in Gerd Sulzenbachers „Abriss“ durch Wien. Sie zieht über Plätze und schlurft durch Straßen und Bezirke, versinkt in Selbstgesprächen und notiert dann wieder: „Nichts getan, nirgends gewesen, niemand hat mich besucht.“
Haben wir es hier mit einer ostentativen Flaneuse zu tun? Oder mit einem verspäteten Bartleby, der die Verweigerung neu erfindet? „I would prefer not to“, sagt der bekannte Held von Hermann Melville, „Ich möchte lieber nicht“, und nichts anderes scheint Sulzenbachers Figur auf seinen Streifzügen durch die Stadt anzutreiben.
In 66 Kapitelchen folgt sie dem Diktum der Negation und frönt der Einübung ins Liegen als Lebensentwurf gegen die Zumutungen von Perfektionierung und Selbstoptimierung. Darin könnte vielleicht ein Schutz zu finden sein, sinniert sie trübselig. Und während sich das monologisierende Ich aller Emsigkeit des Tuns zum Trotz einem Redefluss hingibt, in dem es gleich anarchisch dahin treibt wie es durch die Stadt streunt, zeichnet es ein zum Abriss freigegebene Wien, „die Stadt des Schnitzels und der Träume“, und das Verschwinden öffentlicher Räume.
Die Prosastücke von Gerd Sulzenbacher sind essayistische Miniaturen, die den Widersinn als Haltung exerzieren. Der Witz, die Ironie und Pedanterie, in der auch die Selbstbeobachtung auf eine absurde Komik hinaus läuft, sind Teil davon. Sie beanspruchen den Freigeist des Nutzlosen und trauern versteckt um die feste Identität von Objekten, die verschwinden.
In Zusammenarbeit mit der Landesbibliothek Dr. Friedrich Teßmann.