Der Blick in die ost- und südeuropäischen Regionen, den die Literatur Lana in diesem Jahr verfolgt und dabei nach den Disparitäten eines eigenartigen Gefüges Europa fragt, führt zur Vorstellung des neuen Romans von Drago Jancar : Ein Mensch gerät in den Sog der Geschichte und der eigenen Vergangenheit – ein Verwirrspiel von Liebe, Krieg und unerfüllter Sehnsucht.
Die Memoiren eines nach Australien ausgewanderten Erotomanen ziehen den Archivar Janez Lipnik in ihren Bann. Er beginnt, sich mit dessen Bekenntnissen näher zu befassen und gerät in den Strudel einer Geschichte, die im besetzten Jugoslawien der 1940er-Jahre ihren Ausgang nimmt: Ein in den Kriegswirren verirrter Flüchtling findet bei der Lehrerin Zala Schutz. In ihrem Haus wird er Zeuge eines Gewaltaktes ihres Freundes, des Offiziers Aleksij, der sich schließlich als der spätere Verfasser der Memoiren herausstellt. Der Archivar Lipnik wird nach und nach selbst Teil der Geschichte, während sein eigenes Leben auseinanderbröckelt und seinen Erinnerungen und wahnhaften Fantasien weicht.
Der Roman ist ein wunderbares Gewebe aus Rückblenden und Vorwegnahmen, in dem das Jetzt und das Früher, das Reale und das Fantasierte, das Historische und das Mythische ineinander übergehen. Das Slowenien von heute wird überlagert von der Zeit des Zweiten Weltkriegs und der Balkankriege der 1990er-Jahre – alles unter dem blätterlosen Dach des „Baums ohne Namen“, der – für die verlorene und dennoch alles dominierende Erinnerung stehend – immer wieder auftaucht.