2008 veröffentlicht Paul Schwedenreiters Heimatgemeinde Stumpf eine Ortschronik. Sie bezeichnet die Wehrmachtsdeserteure des Ortes als gefährliche Landplage. Als Retter des Ortes kürt die Chronik einen SS-Mann. In Stumpf hat die Zeit nicht geheilt. In Stumpf vergeht die Vergangenheit nicht. In Stumpf wird die Vergangenheit mit den Jahren bösartiger.
Schwedenreiter stammt aus dem Innergebirge. Mit 18 Jahren übersiedelt er nach Wien. Er wird Brückenmeister, Leser und Bassist. Ins Innergebirge fährt er nur noch auf Besuch. Paul Schwedenreiters Großvater war einer der Deserteure. Paul nimmt die Ortschronik nicht hin und geht ihren schlampigen Behauptungen nach. Er recherchiert die politische, berufliche und militärische Laufbahn des SS-Mannes. Seine Suche führt in die Kinderstube der zweiten österreichischen Republik. Sie hat sich nach dem Krieg auf Wunsch der Alliierten entnazifiziert. Der Umgang der jungen Republik mit ihren alten Nazis findet Jahrzehnte später auch in Stumpf seinen Nachhall. Jeder dort weiß, der SS-Mann war ein führender Nazi, doch das stört kaum jemanden. Jahrzehnte nach dem Krieg stellt Stumpf die Geschichte auf den Kopf und errichtet in der Ortschronik eine Bühne für den SS-Mann, den Pranger für die Wehrmachtsdeserteure. Schwedenreiter, eine fiktive Figur, verstrickt sich unvermeidlich in die politischen Wirklichkeiten seiner Heimat. Schließlich trifft er eine Entscheidung.
„Der Mensch scheint unfähig zu sein, aus seiner Geschichte zu lernen, und muss offenbar alles immer wieder von neuem durchleben: die Angst, den Neid, den Hass. Wo der Mensch ist, ist auch die Hölle. Aber Hanna Sukare hat zum Glück das Gegenmittel: die Erinnerung, die gegen das Vergessen kämpft.“ (Linda Stift, Die Presse)
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