1. April 2004
Seccion Lana

Den 8. N. C. Kaser Lyrikpreis erhält Barbara Köhler für ihr Werk, das sowohl theoretisch wie dichterisch aus einem hoch reflexiven Gestaltungsraum kommt.

Die Dichterin aus Duisburg legt ihr Stethoskop an Ereignisse von Sprache. Mehrdeutigkeiten erscheinen, Verzweigungen entfalten sich und Unterschiede. Es teilt sich die Bedeutung, die Bezeichnung gerät in Verschiebung, Sprechen wie Hören geschehen im Abklopfen von Deutungsrichtungen.

Barbara Köhler durchleuchtet das Trennende und stets Differente, sie misst im Vertrautsein mit dem Befremdenden die Entfernung zwischen Wort und Sinn, zwischen Stimme und Stummsein, zwischen Ich und Du. Die Identifikationsfunktion von kommunikativen Zusammenhängen kommt darin zum Erliegen, während sich ein anderes offen legt: Die Differenz als Grundstruktur. Als movie. Als Vexierspiel. Im Changieren von Sprache, im Wenden und Abhören von Wörtern und deren Schau-Spiel werden Bedeutungen durchleuchtet, Ausrichtungen gelegt, Kongruenzen geschaffen. Dichtung wird zum Orakel, das Mehrdeutigkeiten vergegenwärtigt und doch klar spricht: Der Unterschied eröffnet sich im Hören. Sprache als Ereignis erscheint ebenso fragil wie sie beständig ist, interferiert zwischen Möglichkeiten, verbindet Stimme, wird selbst zum Stimmband.

Barbara Köhler

 

„SELBANDER: wir beide / und ein verlorenes Wort / einander verglichen / geht es mit uns fort / vonstatten die Schritte / – was kommt uns zu?“ In der Lauerstellung einer Fremden objektiviert Barbara Köhler jegliche Vertraulichkeiten, die zwischen Sprechen, Sprache und Sprechenden zu herrschen scheinen. Sie distanziert sich vom Satz ebenso wie vom Gegenstand des Satzes, nimmt den Abstand ins Auge, wie er wieder und wieder zwischen dem Ich und dem Du gegeben ist. „ich nenne mich du weil der Abstand / so vergeht zwischen uns wie Haut / an Haut …“

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